Verfügt die Bibliothek über Informationen zu Max Kappeler?
Es gehen gelegentlich Fragen über Dr. Max Kappeler (1910–2002) bei uns ein, insbesondere hinsichtlich seiner Lehren und seiner Verbindung zur Christlichen Wissenschaft. Hier sind einige Hintergrundinformationen.
Kappeler wurde 1935 Mitglied der Ersten Kirche Christi, Wissenschaftler (der Mutterkirche). Sein Antrag wurde von John W. Doorly gegengezeichnet, einem Praktiker und Lehrer der Christlichen Wissenschaft und damaligem Mitglied des Vortragsrats der Christlichen Wissenschaft. Kappelers Verbindung zu Doorly ist wichtig für ein Verständnis seiner Laufbahn.
Auf seinem Antrag um Mitgliedschaft gab Kappeler als vorherige Religionszugehörigkeit „Schweizer Protestant“ an. Als Wohnort gab er Zürich an, wo er sein restliches Leben verbrachte.
Kappeler erhielt Elementarunterricht in der Christlichen Wissenschaft bei Doorly in England, bevor dieser 1946 aus der Mutterkirche austrat. Kappeler war ein starker Vertreter der Ansichten seines Lehrers; dies ging so weit, dass ihre Ansichten manchmal als Lehren von „Doorly-Kappeler“ bezeichnet werden. Kappelers Mitgliedschaft in der Mutterkirche endete 1952, doch fuhr er fort, zu schreiben, lehren und Vorträge zu halten bis zu seinem Tod. Er gab mehrere Bücher, Tonbänder und Studienanleitungen zum „Doorly-System“ heraus, hielt Ansprachen und Unterrichtsklassen, die sich an Christliche Wissenschaftler:innen und nicht die Öffentlichkeit richteten.
Robert Peel war ein bekannter Historiker und Biograf von Mary Baker Eddy, der Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft und Verfasserin von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Er gab in dem 1977 erschienenen dritten Band seiner Trilogie über Mrs. Eddy folgende Einschätzung der Auslegung ihrer Lehren: „Zu [Mrs. Eddys] Lebzeiten und danach haben Christliche Wissenschaftler mit einer Neigung zur Spekulation die Tendenz gezeigt, ihre Lehren in eine erfinderische neuzeitliche Scholastik auszuweiten, die zunehmend abstrakt wurde, als sie immer mehr in reine, aber nicht demonstrierte Theorie ausartete.“1
Doorly und Kappelers „Neigung zur Spekulation“ wurde für Peel in einem Schema deutlich, das er in einer Fußnote beschreibt:
Wenn man Mrs. Eddys sieben Synonyme für Gott horizontal in einer nach dem Zufallsprinzip gewonnenen, festen Ordnung anordnete und ihre vier metaphorischen „Seiten“ der „Stadt mit vier Seiten“ in der Offenbarung des Johannes (d. h. das Wort Gottes, der Christus, das Christentum, die göttliche Wissenschaft) vertikal darunter aufführte, ergab sich daraus eine rechteckige „Matrix“ kleiner Vierecke oder Felder, die die Stufen der Entwicklung repräsentierten, über die man theoretisch von der Christlichen Wissenschaft zur Absoluten Christlichen Wissenschaft zur Göttlichen Wissenschaft bis zur reinen und abstrakten Wissenschaft gelangte. Alles, von den sieben Tagen der Schöpfung und den vier Evangelien bis hin zur Anordnung der Kapitel in Wissenschaft und Gesundheit – ja, die gesamte menschliche Geschichte –, wurde dann in diese Matrix gezwängt.
Kappeler behauptete, dass Mrs. Eddy sich der vollständigen Bedeutung ihrer Entdeckung nicht bewusst gewesen sei und dass Doorly die vollständige Erklärung gegeben habe. Peel wies ferner auf ihre Tendenz hin, „das christliche oder religiöse Wesen der Christlichen Wissenschaft als etwas zu betrachten, das man für eine ‚wissenschaftliche‘ oder ‚absolute‘ Herangehensweise“ aufgeben müsse, sowie auf „ihre Ablehnung der von Mrs. Eddy gegründeten Kirche“.2
Kappelers Arbeit erhielt nach dem 2. Weltkrieg erstmals Aufmerksamkeit. Dies lag u. a. an dem Anstieg von Säkularität und Wissenschaftsgläubigkeit, der Verwüstung und Vertreibung in der Welt und dem Beginn des Kalten Krieges. Und unter Christlichen Wissenschaftler:innen mangelte es sowohl den kritischen wie positiven Darstellungen Mrs. Eddys an dem Gleichgewicht und der Tiefe, die erst nach und nach aufgrund der Bereitstellung historischer Materialien möglich wurden und dadurch, dass die Bewegung der Christlichen Wissenschaft ein klareres Verständnis ihrer Gründerin erlangte.
Im Laufe der Jahre kamen Fragen über die von Kappeler verbreiteten Ideen auf. Ein 1975erschienener Leitartikel im Christian Science Journal (auf Englisch) mit dem Titel „Science and Health: Its Pure and Complete Teaching“ („Wissenschaft und Gesundheit: seine unverfälschte und vollständige Lehre“, Herold der Christlichen Wissenschaft, September 1975) begann mit einer Frage:
Von Zeit zu Zeit werden wir wegen Einzelpersonen oder Gruppen befragt, die den Anspruch erheben, dass ihre speziellen Interpretationen der Lehren Mary Baker Eddys für ein volles Verständnis der Christlichen Wissenschaft notwendig sind. Dies schließt angebliche Erläuterungen und Verbesserungen des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, ein.
Was hat [Mary Baker] Eddy selbst, als Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, zu diesem Thema zu sagen?
Der Artikel gibt dann ausführlich Auskunft.3 Ohne Kappeler oder andere Gruppen direkt zu nennen, widerlegte der Artikel die von ihnen vorgebrachten Behauptungen. Der Vorstand der Christlichen Wissenschaft, in dessen Namen der Artikel veröffentlicht wurde, nahm Mary Baker Eddys eigenen Worte zu Hilfe, darunter folgende:
„Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ ist ein vollständiges Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, und ihre metaphysische Heilweise ist darin so klar dargestellt, wie es bei der Notwendigkeit, Übersinnliches in sinnlichen Sprachbegriffen auszudrücken, möglich ist. Außerhalb der Lehren dieses Buches besteht durchaus kein zusätzliches Geheimnis, das die Macht zu heilen verleihen könnte, aber es ist unerlässlich, dass der Schüler, um heilen zu können, den Inhalt dieses Buches geistig verstehen lernt.4
- Robert Peel, Mary Baker Eddy: The Years of Authority [Mary Baker Eddy: Die Jahre der Autorität] (Boston: Holt, Rinehart, and Winston, 1977), 214.
- Peel, Years of Authority, 454, n. 23.
- “Science and Health: Its Pure and Complete Teaching,” The Christian Science Journal, Juli 1975. Einige Jahre später, 1980, wurde er in Englisch als Broschüre herausgegeben. Der Artikel von 1975 wurde ebenfalls für den Herold übersetzt: “Wissenschaft und Gesundheit: seine unverfälschte und vollständige Lehre”, Der Herold der Christlichen Wissenschaft, September 1975, 251–253.
- Mary Baker Eddy, Vermischte Schriften 1883–1896 (Boston, The Christian Science Publishing Society, 1896), 50.