Aus den Mary Baker Eddy Papers: Soziale Reform und die Christliche Wissenschaft
Als wir Briefe auf mbepapers.org veröffentlichten, die an MBE geschrieben worden waren, fiel uns auf, dass viele von Personen stammten, die sich für soziale Reformen einsetzten – darunter Abstinenz, Frauenwahlrecht, Bildung, sowie die Gesundheit und das Wohl von Frauen und Kindern. Viele der Verfassenden dieser Briefe schrieben darüber, welche Schnittmenge sie zwischen ihrer Arbeit und der Christlichen Wissenschaft wahrnahmen.
Ein solcher Briefeschreiber war R. A. Rowley (ca. 1844–1919). Er war ein Bürgerkriegsveteran, der sich als Gefreiter in der Kompanie L des 3. Kavallerie-Regiments von Massachusetts verpflichtet hatte und später zum Oberleutnant in der Kompanie H des 4. „United States Colored“ Kavallerie-Regiments, das in Louisiana diente, befördert wurde. Nach dem Krieg war Rowley in verschiedenen Berufen tätig, unter anderem als Landwirt, Bergmann und Handelsvertreter, bevor er Missionar wurde.
Als Rowley 1883 an Eddy schrieb, leistete er missionarische Arbeit in Buffalo, New York, wo er eine wesentliche Rolle in der „Canal Street Mission“ spielte. Gelegen an der, wie es hieß, „übelsten Straße der Vereinigten Staaten“,1 bot sie Jahr für Jahr mehreren tausend Menschen Unterkunft und Mahlzeiten.2 Im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit half Rowley auch Frauen, der Prostitution zu entkommen. Er berichtete Eddy von seinen Bemühungen, als er ihr über sein Studium von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift schrieb: „Während der vergangenen drei Winter war ich mit städtischer Missionarsarbeit in Buffalo beschäftigt, obwohl meine Heimat hier in Rochester ist … Ich hatte das Privileg 23 Prostituierte aus den Slums der Canal Street in ein Heim zu bringen, das von gottesfürchtigen Frauen geführt wird, um in solchen Fällen für Verbesserung zu sorgen.“3
In einem Zeitungsartikel aus Buffalo vom Januar 1883 wurde Rowleys hingebungsvolle Arbeit in der „Canal Street Mission“ hervorgehoben:
Der unermüdlichste Mitarbeiter der Mission ist allerdings Mr. R. A. Rowley, der sein ganzes Leben für die Rettung dieser elenden Kreaturen opfert. Sicherlich ist der „Ruf der Kinder“ in sein Herz gedrungen. Häufig findet man ihn am Bett der Kranken und Sterbenden, wo er Medizin ausgibt, die die Ärzte lieber verschreiben als verabreichen, und er versäumt niemals, über die Liebe zu sprechen, die vom Himmel herabkommt, selbst in die niedersten Umstände der Schlimmsten unter den Männern und Frauen.4
Rowley erwähnte in seinem Brief an Eddy das Verabreichen von Medikamenten als Bestandteil seiner Aufgabe als Missionar, aber er fragte sie auch, ob die Christliche Wissenschaft ihm einen „neuen Kanal“ eröffnen würde, um Menschen zu helfen – und ob er ein Heiler werden könne:
Wir hatten hier eine Ärztin, die im letzten Winter eine Apotheke mit kostenlosen Medikamenten eingerichtet hatte – dies war eine große Hilfe, aber wie Sie wissen, es ist manchmal schwer Arzt und Patienten zusammenzubringen; ich habe das Gefühl, mich noch umfassender dieser Art von Arbeit widmen zu müssen, und ich wünschte mir, ich könnte mir medizinische Kenntnisse aneignen, um meine Nützlichkeit zu erhöhen, aber dieses Traktat von Ihnen lenkt mein Bestreben in neue Bahnen – und ich möchte gern von Ihnen wissen – kann diese Kraft des Heilens von gewöhnlichen Sterblichen, von denen, wie Sie sehen können, ich einer bin, erworben werden.5
Rowley beschrieb den Ort, an den er die Frauen brachte, denen er half, der Prostitution zu entkommen, als Ingleside Heim, das 1869 in Buffalo als „The Ingleside Home for Reclaiming the Erring“ [Das Ingleside Heim zur Rückgewinnung der Irrenden] gegründet worden war. Nachdem es zunächst als Heim oder Vermittlungsstelle für „ungeratene Frauen“ diente, bot es nun jenen Zuflucht, die „Häuser mit üblem Ruf“ verließen. Rowleys Bemühungen in Bezug auf Ingleside wurden öffentlich gelobt:
Im Verlauf der vergangenen drei Jahre hat er 20 Mädchen in die Ingleside Besserungsanstalt gebracht. Viele von ihnen wurden bekehrt und leben in christlichen Familien. Mr. Rowley erhält keine Bezahlung für seine Dienste, und so mancher Dollar aus seiner eigenen Tasche wird dafür aufgewendet, diesen gefallenen Frauen ein besseres Leben zu ermöglichen.6
Neben seiner Arbeit für die „Canal Street Mission“ und das Ingleside Heim war Rowley auch maßgeblich an der Gründung des Working Women’s Home [Heim für berufstätige Frauen] in Buffalo beteiligt, das Frauen aus schlecht bezahlten Berufen möblierte Zimmer und Mahlzeiten in der Stadt bot. Im Februar 1883 hatte er sich mit anderen interessierten Personen in den örtlichen Y.M.C.A.-Räumlichkeiten getroffen, um über die Möglichkeit zu sprechen, ein solches Heim zu gründen.7 Für Frauen, die nicht vom Lohn ihrer Arbeit leben konnten, boten die Working Women’s Homes [Heime für berufstätige Frauen] zusätzliche Unterstützung und einen Weg, um zu verhindern, dass diese sich in Sexarbeit flüchteten, nur um überleben zu können.
Irgendwann sah sich die Stadt Buffalo mit der Möglichkeit konfrontiert, dass ihr unermüdlicher Missionar die Stadt verlassen und seine Arbeit in Übersee fortsetzen würde:
Er [Rowley] denkt nun über missionarische Tätigkeit in Afrika nach. Seine Dienste sind von unschätzbarem Wert, da sich bisher keine andere Person gefunden hat, die jene besondere Arbeit leisten könnte, für die er sich zurzeit einsetzt. Die Bürger von Buffalo sollten nicht zulassen, dass er diese Mission verlässt, nur weil er ohne Lohn seine Familie nicht ernähren kann. Er wird hier sicherlich mehr gebraucht als in Afrika.8
Tatsächlich hatte Rowley Eddy gegenüber die Möglichkeit zum Ausdruck gebracht, dass er seine missionarische Tätigkeit nach Übersee verlegen würde. Er erzählte ihr, dass er bei der Vorbereitung seiner Bewerbung für diese Arbeit eine Reihe von Empfehlungsschreiben von führenden Persönlichkeiten der Gesellschaft erhalten hatte, und die zeigte er Eddy, um seinen Wunsch zu bekräftigen, die Christliche Wissenschaft weiter zu studieren. Über seine anfänglichen Bemühungen schrieb er: „Meine erste Lektüre Ihres Buches hat mich sehr verwirrt – indem ich es beim zweiten Mal Schritt für Schritt durchging, schien mir vieles klarer zu sein, ich werde so lange damit fortfahren, bis ich zumindest verstehen kann, was Sie sagen wollen.“9 In einem späteren Brief drückt er seinen Wunsch aus, von ihr christlich-wissenschaftlichen Klassenunterricht zu erhalten: „… Ich kann nur dies sagen, dass ich eine große Enttäuschung vor mir sehe, sollte ich nicht das Privileg Ihrer Klasse erhalten …“10 Auch wenn sich von Eddys Briefen an Rowley keine in den Sammlungen der Bibliothek befinden, so geht doch aus seinen Schreiben hervor, dass sie ihm geantwortet hat.
Rowley nahm keinen Unterricht in der Christlichen Wissenschaft bei Eddy. In seinem letzten Brief an sie berichtet er, dass seine Mutter krank und seine Frau überlastet sei aufgrund der Fürsorge für die Mutter und ihren zweijährigen Sohn, und er fühlte, dass er aus diesen Gründen nicht in der Lage sein würde, die Reise nach Boston zu unternehmen. Er sagte auch, er könne sich zu dem Zeitpunkt den Klassenunterricht nicht leisten. Es ist möglich, dass Rowley sein Studium der Christlichen Wissenschaft fortsetzte, aber unsere Aufzeichnungen enthalten keine diesbezüglichen Informationen. Er dankte ihr für die Ausgabe des The Christian Science Journal, die sie ihm geschickt hatte, und sagte, er hoffe, sie mit anderen teilen zu können.11
Dieser Blog steht auf unseren englischen, französischen, portugiesischen und spanischen Webseiten zur Verfügung.
- „The Canal Street Mission“, The Buffalo Sunday Morning News, 28. Januar 1883, 4.
- „Glaube und Arbeit“, The Evening Telegraph, 14. Dezember 1883,1.
- R. A. Rowley an Mary Baker Eddy, 29. August 1883, IC707BP2.84.023. https://mbepapers.org/?load=707BP2.84.023.
- „The Canal Street Mission“, The Buffalo Sunday Morning News, 28. Januar 1883.
- R. A. Rowley an Mary Baker Eddy, 29. August 1883, IC707BP2.84.023. https://mbepapers.org/?load=707BP2.84.023.
- „The Canal Street Mission“, The Buffalo Sunday Morning News, 28. Januar 1883, 4.
- „The Working Women’s Home“ [„Das Heim für berufstätige Frauen“], Buffalo Evening News, 7. Februar 1883, 9.
- R. A. Rowley an Mary Baker Eddy, 29. August 1883, IC707BP2.84.023. https://mbepapers.org/?load=707BP2.84.023.
- Ebd.
- R. A. Rowley an Mary Baker Eddy, 7. September 1883, IC707BP2.84.024. https://mbepapers.org/?load=707BP2.84.024.
- R. A. Rowley an Mary Baker Eddy, 12. September 1883, IC707BP2.84.025. https://mbepapers.org/?load=707BP2.84.025.