Aus den Mary Baker Eddy Papers: „Die Predigt war wunderschön.“
Bei ihrer Arbeit an der digitalen Veröffentlichung von Mary Baker Eddys Korrespondenz, ihren Manuskripten und ihren Predigten, haben die Mitarbeiter:innen des Teams der Mary Baker Eddy Papers mehrere Dokumente bearbeitet, die in Zusammenhang mit ihren in der Bostoner Chickering Hall gehaltenen Predigten stehen.1 2 Darin enthalten sind Programme, vorbereitende Notizen und Texte der Predigten, und sie können auf Englisch eingesehen werden auf der Mary Baker Eddy Papers Website. Diese Unterlagen ermöglichen uns, etwas über das Wesen ihrer Predigten zu erfahren und die Umstände, unter denen sie gehalten wurden.
Die Mary Baker Eddy Sammlung beinhaltet außerdem Briefe von verschiedenen Personen, die Eddys Predigten gehört hatten. Hin und wieder gewähren sie uns einen Blick darauf, wer die Teilnehmer:innen waren, welche Erkenntnisse sie mitnahmen und wie sie die von Eddy vorgetragenen Ideen mit anderen teilten, wodurch sie die Reichweite ihrer Predigten weit über Chickering Hall hinaus ausdehnten.
Das Papers Team stieß kürzlich unvermutet auf einen Brief, der einen besonders aufschlussreichen Blick darauf gewährt, wie es war, eine von Eddys Chickering-Hall-Predigten zu hören, und zwar aus der ungewöhnlichen Perspektive von Ernest L. Fisk, einem elfjährigen Jungen. Er war der Sohn von Winslow C. Fisk und Frances B. Fisk, einem Schüler und einer Schülerin von Eddy. Die Fisk Familie hatte bis 1887 in Boston gelebt, bevor sie nach Topeka, Kansas, zog, wo Winslow und Frances als Praktiker und Praktikerin der Christlichen Wissenschaft arbeiteten. Winslow war außerdem auch Lehrer dieser Religion.
Im Juli 1888 war Winslow daheim in Topeka geblieben, während Frances und Ernest Boston besuchten und an einem Gottesdienst in Chickering Hall teilnahmen. Zu jener Zeit wurde die Sonntagsschule von Erwachsenen genauso besucht wie von Kindern,3 und Kinder nahmen auch an den Gottesdiensten teil. Deshalb befand sich Ernest am 15. Juli 1888 in der Gemeinde und hörte Eddy zu, die eine Predigt hielt mit dem Titel „Our Ideals“ [Unsere Ideale].4 Noch am selben Tag schrieb er einen Bericht über die Predigt in einem Brief an seinen Vater.5
Auch wenn er erst elf war, so zeigt Ernests Brief, dass er der Predigt zugehört hatte, sich an viele nützliche Ideen daraus erinnerte und tief inspiriert war:
Wir waren gerade dabei, unsere liebe Führerin Mrs. Eddy zu hören. Oh! wie oft habe ich mir gewünscht, mich an alles erinnern zu können, was sie gesagt hat, & um es bei mir tragen zu können, wo immer ich bin. Wie viel glücklicher sind wir, wenn wir geistige Glückseligkeit haben, als wir es sind, wenn wir materielle Glückseligkeit haben. Die Predigt war wunderschön.6
Auch teilte er einen Eindruck der Atmosphäre in dem Saal mit und wie es war, Eddy in Person zu sehen und zu hören: „Als Mrs. Eddy auf die Plattform kam, wirkte sie so mütterlich & ruhig &, als sie diese betrat, es war so still, wie es nur sein konnte, bis es vorbei war.“7
Die Predigt konzentrierte sich auf einen Bibeltext aus dem Lukas-Evangelium: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben“ (12:32).8 In dem Brief an seinen Vater schildert Ernest einige der Ideen, die für ihn besonders herausstachen:
Mrs. Eddy sagte, dass Gott in seiner Fürsorge wie ein Hirte ist, & dass Er über uns wacht sodass sich der Feind der Irrtum nicht einschleichen kann & um uns aus dem Licht in die Dunkelheit zu führen … dass Er unser Wachturm ist in der Nacht & und das Licht hochhält, das uns den Weg zeigt, der gut ist. Die Stunde der Schwäche scheint unerträglich und dann kommt das Licht & das Verständnis & wenn wir danach streben & für die Wahrheit zu arbeiten & wenn wir schwach werden, nimmt Er uns, der ist Geist, das Gute & trägt uns in die Herde, wo es kein Verderben gibt & wo Liebe und Ewiges Leben sind & jenseits des Glaubens an den Irrtum. Wir können ihn nicht Vater nennen, bevor wir wissen, dass er uns angenommen hat. Um zu den Kindern Gottes zu zählen, müssen wir unter seinem Stab hindurchgehen, bevor wir in die Herde der Wahrheit eintreten können.9
Wenn wir Ernests Brief in Verbindung mit dem lesen, was ein Entwurf dieser Predigt zu sein scheint, dann können wir erkennen, dass er recht genau das Wesentliche dessen erfasst hat, was Eddy vermutlich zu diesem Thema sagte. In dem Entwurf heißt es unter anderem:
Der Große Hirte errichtet [einen] von Gott gekrönten Turm für Seine Herde … Von dieser Zuflucht und diesem starken Turm wird der Feind von Ferne gesehen und bei steigender Gefahr. Wenn Wache gehalten wird, kommt sie niemals näher[.] Der Große Hirte führt seine Herden am Morgen in die hellen Stunden, wenn das Licht des Glaubens sich über Verständnis und Zuneigung ergießt … Die aufdämmernde Wahrheit löst die Schatten und die Dunkelheit auf und führt die Gefangenen hinaus in Freiheit und Erleichterung. In der Nacht birgt der Große Hirte Seine Herde in seinem Schoß … Wenn eines aus seiner Herde sich verirrt, ist der Große Hirte nicht unachtsam Seinem Streuner gegenüber. Seine Liebe sucht nach ihm und führt ihn zurück mit Nachdruck oder sanft, wenn er nicht zur Herde zurückkehren mag.10
Obwohl die Säle normalerweise bis auf den letzten Platz gefüllt waren, wann und wo immer Eddy predigte,11 so zeigt doch die Korrespondenz in den Sammlungen der Papers am Beispiel von Ernests Brief, dass die Gedanken und Inspirationen aus Eddys Predigten durch die schriftlichen Berichte von Zuhörern, die daran teilnahmen, ein noch größeres und breiteres Publikum erreichten. Am 21. Juli 1888 schrieb Winslow Fisk an Eddy mit Ernests beigefügtem Brief:
Vielleicht freut es Sie zu erfahren, auf welche Weise Kinder Ihre Predigten schätzen und verstehen, lege ich einen Bericht über Ihre Predigt vom vergangenen Sonntag bei, den mir mein kleiner Sohn Ernest geschickt hat. Niemand hat ihm dabei geholfen. Mrs. Fisk schickte mir eine ausführlichere Darstellung davon. und ich habe ihn vielen meiner Patient:innen vorgelesen und auch der Farlow-Familie. Sie sehen also, der Wert der in ihrer Predigt enthaltenen Gedanken war nicht auf Chickering Hall beschränkt12
Das Programm des Gottesdienstes, der am 15. Juli 1888 stattfand, gibt das abschließende Kirchenlied an, welches die Gemeinde an jenem Tag sang. Die letzte Strophe lautet:
O Erdenkind, nun auf zum Leben!
Der himmlischen Geburt, die dir gegeben,
Sei würdig du! Für edle Dienste kamst du her;
Deinen Brüdern hilf und deinen Gott verehr’!13
Man kann sich vielleicht den jungen Ernest Fisk vorstellen, wie er sich durch die Worte dieses Liedes gestärkt fühlte und sie sich zu Herzen nahm, als er in seinem Brief von der Inspiration schrieb, die er durch Mary Baker Eddys Predigt erlangt hatte.
Dieser Artikel steht auch auf unseren englischen, französischen, portugiesischen und spanischen Webseiten zur Verfügung.
- In der Zeit der Gründung der Kirche Christi (Wissenschaftler) im August 1879 bis zum 30. Dezember 1894, an dem der erste Gottesdienst im Originalgebäude Der Mutterkirche abgehalten wurde, mieteten Christliche Wissenschaftler:innen verschiedene Veranstaltungsorte an, um die wachsende Anzahl der Besucher:innen aufnehmen zu können. In jenem Zeitraum vor der Errichtung eines eigenen festen Gebäudes hielt die Kirche ihre Gottesdienste größtenteils in der Chickering Hall ab. Eddy predigte dort zum ersten Mal am 25. Oktober 1885, Datum und Ort stehen auch für die erste Sonntagsschulklasse der Christlichen Wissenschaft.
- Siehe „From the Papers: Sermon at Chickering Hall“ [Aus den Mary Baker Eddy Papers: Predigt in Chickering Hall], 18. April 2019, siehe auch „Church service program: Rev. Mary Baker G. Eddy, Pastor“ [Programm für den Gottesdienst: Rev. Mary Baker G. Eddy, Pastorin], 1. Juli 2011, https://www.marybakereddylibrary.org/research/church-service-program-rev-mary-baker-g-eddy-pastor/.
- Siehe „Wie entstand die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft?“, 2. August 2021.
- Mary Baker Eddy, „Our Ideals“ [Unsere Ideale], Programm der Predigt, 15. Juli 1888, A10647.
- Ernest L. Fisk an Winslow C. Fisk, 15. Juli 1888, IC449.53.003.
- Ebd.
- Ebd.
- Mary Baker Eddy, „Our Ideals“ [Unsere Ideale], (Fear not Little Flock [Fürchte dich nicht, du kleine Herde]), Sermon Notes [Anmerkungen zur Predigt], 15. Juli 1888, A10726A.
- Ernest L. Fisk an Winslow C. Fisk, 15. Juli 1888, IC449.53.003.
- Mary Baker Eddy, „Our Ideals“ [Unsere Ideale], Sermon Draft [Entwurf der Predigt], 15. Juli 1888, A10726B.
- „Epitome of the Records of the Church of Christ (Scientist) in Boston from August 6, 1879 to December 2, 1889“ [Auszug aus den Aufzeichnungen der Kirche Christi (Wissenschaftler) in Boston vom 6. August 1879 bis zum 2. Dezember 1889], 7. Dezember 1885, EOR 13.
- Winslow C. Fisk an Mary Baker Eddy, 21. Juli 1888, IC449.53.002.
- Mary Baker Eddy, „Our Ideals“ [Unsere Ideale], Programm der Predigt, 15. Juli 1888, A10647. Lied nach einem Gedicht von Samuel Longfellow: „Go Forth to Life“ [Auf, zum Leben], Hymnary.org, https://hymnary.org/text/go_forth_to_life_o_child_of_earth/.