Welchen Stellenwert haben Trauungen und Beisetzungsfeiern im Verlauf der Geschichte der Christlichen Wissenschaft?
Wir erhalten gelegentlich Fragen zu Aussagen Mary Baker Eddys bezüglich Trauungen oder Beisetzungsfeiern für Christliche Wissenschaftler:innen. Führen Kirchen der Christlichen Wissenschaft diese Art von Feiern in ihren Gebäuden durch?
In Der Mutterkirche (Der Ersten Kirche Christi, Wissenschaftler) in Boston hat noch nie eine Trauung oder Beisetzungsfeier stattgefunden. Es hat fünf Gedenkfeiern für verstorbene Personen gegeben,1 einschließlich der zu Ehren der verstorbenen US-Präsidenten William McKinley, Warren G. Harding, Franklin Delano Roosevelt und John F. Kennedy.2 Eine weitere Gedenkfeier wurde zu Ehren des verstorbenen Bürgerrechtlers Martin Luther King, Jr. gehalten. Einige Zweige Der Mutterkirche haben ebenfalls Gedenkfeiern veranstaltet. Nach den Angriffen auf die USA am 11. September 2001 fand am 14. September eine große Zusammenkunft auf der Christian Science Plaza in Boston statt, die jedoch keine Gedenkfeier war.3
Am 6. August 1923 berichtete The Christian Science Monitor, dass der Ablauf der Gedenkfeier für Präsident Harding „dem Ablauf der Gedenkfeier für Präsident McKinley am 19. Sept. 1901 folgen“ werde.4 Mrs. Eddy hatte ihrem Schüler Irving C. Tomlinson, der in Erster Kirche Christi, Wissenschaftler, Concord, New Hampshire, eine Gedenkfeier zu Ehren von Präsident McKinley durchführen sollte, Folgendes geschrieben:
Bereiten Sie die Feier zu seinem Gedenken so vor, dass sie die Herzen der Anwesenden anspricht. Verwenden Sie keine spezifische Sprache der Wissenschaft, sondern sprechen Sie über die Macht der göttlichen Liebe, die tiefste und sicherste Hoffnung unserer Nation zu retten …5
Es gab eine Zeit, in der der Vorstand der Christlichen Wissenschaft sich deutlich dagegen aussprach, Trauungen oder Beisetzungsfeiern in Zweigkirchen der Christlichen Wissenschaft zu halten. Seit einiger Zeit werden Zweige allerdings ermutigt, ihre eigenen Entscheidungen hinsichtlich dieser Feiern in der Mitgliedschaft demokratisch zu treffen.
Hinsichtlich der ursprünglichen Einstellung des Vorstands brachte das Christian Science Journal vom Februar 1976 eine Stellungnahme des Vorstands mit dem Titel „Christian Science and the Wedding Ceremony“ [Die Christliche Wissenschaft und die Hochzeitszeremonie]. Sie hatte folgende Einleitung:
Bei manchen Christlichen Wissenschaftler:innen mag, wenn sie beabsichtigen zu heiraten, ganz natürlich die Frage aufkommen, warum es keine Regelung für eine Hochzeitszeremonie in ihrer eigenen Zweigkirche gibt, in der vielleicht viele aus ihrem engsten Freundeskreis Mitglied sind.
Es gehen dahingehend Fragen bei Der Mutterkirche von Einzelpersonen und Zweigen ein, und die Kirche antwortet mit der Stellungnahme „Christian Science and the Marriage Ceremony“ [die Christliche Wissenschaft und die Hochzeitszeremonie] vom Vorstand der Christlichen Wissenschaft. Darin wird erklärt, warum in unseren Kirchen ausschließlich öffentliche Gottesdienste und weder Trauungen, Beisetzungsfeiern noch andere private oder persönliche Veranstaltungen stattfinden.6
Diese Stellungnahme des Vorstands, die zunächst an einzelne Anfragende gesandt worden war, enthielt u. a. folgende Aussage:
Es gibt Hinweise darauf, dass Mrs. Eddy ausführlich über jeden Aspekt der Ehe nachgedacht hat, einschließlich der Art der Eheschließung. Sie wusste, dass im Allgemeinen die traditionellen Kirchen die Ehe als eine göttlich geweihte Einrichtung und die Hochzeit selbst als religiösen Ritus betrachten. Das ist in Übereinstimmung mit der allgemeinen Ansicht, dass Gott eine materielle Erde, das menschliche Geschlecht und ein System der Fortpflanzung erschaffen hat, die Teil Seines göttlichen Plans und des Daseinszwecks sind. Mrs. Eddy hat ihre Sichtweise in Wissenschaft und Gesundheit (S. 56) in Worte gefasst, wo sie schreibt: „Die Ehe ist die gesetzliche und moralische Einrichtung für die Fortpflanzung der Menschen.“ Dieser Satz zusammen mit anderen in demselben Kapitel stellt die Ehe als menschliche und nicht als göttliche Einrichtung dar. Das Thema wird im Rahmen der moralischen Gesetze und rechtlichen Pflichten betrachtet, nicht als religiöse Maßnahme.
Die Stellungnahme wandte sich dann der rechtlichen Grundlage der Ehe zu:
Deshalb ging es [Eddy] vor allem darum, dass Trauungen der örtlichen Gesetzgebung entsprachen. Sie überschreibt Artikel IX, Abschnitt 1 des Handbuchs Der Mutterkirche mit den Worten „Eine den Gesetzen entsprechende Zeremonie“ – nicht eine religiöse Zeremonie. Wir lesen dort: „Wenn ein Christlicher Wissenschaftler heiratet, ist die Zeremonie von einem Geistlichen durchzuführen, der gesetzlich dazu befugt ist.“
Der historische Hintergrund der hier genannten Satzungsbestimmung im Kirchenhandbuch erklärt ihren Ursprung:
In den Anfängen der Christlichen Wissenschaft wurden oft Geistliche, die zur Christlichen Wissenschaft übergetreten waren, darum gebeten, Trauungen vorzunehmen. Es kam die Frage auf, ob sie dazu autorisiert waren, da sie nicht mehr als Geistliche der Glaubensgemeinschaft fungierten, durch die sie ordiniert worden waren. Die oben angeführte Satzungsbestimmung setzte dieser Tätigkeit ein Ende. Die Betonung dieser Satzungsbestimmung liegt auf der rechtlichen Autorisierung statt auf der Notwendigkeit, dass ein Geistlicher die Hochzeitszeremonie leitet. Obwohl darin angenommen wird, dass Christliche Wissenschaftler:innen in der Regel eine:n Geistliche:n bitten, diese Zeremonie zu leiten, schließt dies nicht aus, dass in Ländern und Situationen, in denen es nicht nötig oder wünschenswert erscheint, kirchlich zu heiraten, standesamtlich geheiratet wird.
Fünfunddreißig Jahre später wurde als Antwort auf die Frage einer Leserin bzw. eines Lesers aus den Philippinen: „Warum heiraten Christliche Wissenschaftler:innen nicht in ihrer Kirche?“ im Journal vom September 2011 eine andere Botschaft vermittelt. Die Antwort war von Lois Marquardt, einer Lehrerin der Christlichen Wissenschaft in St. Louis, Missouri, verfasst und spiegelte die Tatsache wider, dass einige Zweige Der Mutterkirche Trauungen in ihrem Gebäude erlaubten. Diese Antwort bestätigte, dass Die Mutterkirche ihre Zweige inzwischen aufforderte, sich für ihre jeweiligen eigenen Richtlinien dahingehend demokratisch zu entscheiden:
Die gute Nachricht ist, dass Trauungen in Kirchen der Christlichen Wissenschaft stattfinden dürfen und auch stattfinden! Viele Menschen nehmen irrigerweise an, dass es nicht gestattet ist, in unserer Kirche zu heiraten, weil wir keine Berufsgeistlichen haben. Als Jugendliche dachte ich, dass der Grund dafür, dass wir keine Hochzeiten in meiner Kirche der Christlichen Wissenschaft erlebten, darin lag, dass wir keinen Mittelgang hatten! Mein Verständnis vom Zweck der Hochzeitszeremonie hat sich glücklicherweise erweitert und ich habe erkannt, dass nicht der Ort wichtig ist, sondern dass die Zeremonie die geistigen und rechtlichen Elemente dieser Einheit repräsentiert. …
Ich betrachte diese Satzungsbestimmung der Kirche [„Eine gesetzliche Handlung“, Artikel IX, Abschnitt 1] als Unterstützung der Hochzeitszeremonie. Zu verlangen, dass ein:e Geistliche:r die Zeremonie leitet, bestätigt erstens, dass die Grundlage der Ehe auf den Felsen gebaut ist (siehe Matthäus 16:18). Eine in einer gemeinsamen und vereinten Hingabe an geistiges Wachstum verankerte Ehe ist ein guter, starker Ausgangspunkt. Zweitens erkennt die Satzungsbestimmung an, dass die rechtlichen Erfordernisse für eine Ehe ein wesentlicher Schutz der Einheit von zwei Personen sind. Und eine Trauung in einer Kirche der Christlichen Wissenschaft bietet dem Paar die Gelegenheit, mit Geistlichen, die bereit und offen dafür sind, eine Zeremonie im Einklang mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft durchzuführen, über die Unterschiede zwischen den Religionen zu sprechen. …7
Marquardts Antwort ging zwar nicht auf die vollständige Vielfalt an Entscheidungen dahingehend ein, ob Trauungen in Zweigkirchen gestattet werden sollen, doch sie spiegelte den Handlungsspielraum vonseiten Der Mutterkirche wider, der zuvor nicht existiert hatte.
Es ist erwähnenswert, dass die Kirche Christi, Wissenschaftler, keine eigenen ordinierten Geistlichen hat. Sie ist eine Laienkirche, in der alle Mitglieder denselben Status und dieselben Möglichkeiten haben, mitzuarbeiten. In Zweigkirchen der Christlichen Wissenschaft schließt dies die Wahl von Mitgliedern als Leser:innen ein, die die öffentlichen Gottesdienste und Versammlungen am Sonntag und Mittwoch leiten. Doch es gibt kein Amt in der Kirche der Christlichen Wissenschaft, für das jemand ordiniert wird, denn in den Vereinigten Staaten, wo die Christliche Wissenschaft ihren Ursprung hatte, sowie in einigen anderen Ländern geht eine Ordination in den meisten Fällen mit dem rechtlichen Privileg einher, Trauungen durchzuführen und Heiratsurkunden zu unterschreiben.
Mary Baker Eddy war dreimal verheiratet – beim ersten Mal wurde sie nach sechs Monaten Witwe, ihre zweite Ehe wurde nach 20 Jahren geschieden, und in ihrer dritten Ehe war sie nach fünf Jahren verwitwet. In allen drei Fällen nahm ein protestantischer Geistlicher die Trauung vor. Ihre letzte Ehe mit Asa Gilbert Eddy im Jahr 1877 wurde ca. zehn Jahre nach ihrer Entdeckung der Christlichen Wissenschaft geschlossen. Sie wurde von dem unitarischen Geistlichen Samuel B. Stewart im Wohnzimmer ihres Hauses an der Anschrift 8 Broad Street, Lynn, Massachusetts, geschlossen.8 Nach ihrem Ableben am 3. Dezember 1910 fand am 8. Dezember eine Beisetzungsfeier in ihrem Haus in Chestnut Hill, Massachusetts, statt.9
Kurz gesagt hat nie eine Trauung oder Beisetzungsfeier in Der Mutterkirche in Boston stattgefunden. Es hat einige wenige Gedenkfeiern gegeben. Als Mitglied einer Laienkirche lassen sich Christliche Wissenschaftler:innen im Allgemeinen von Geistlichen anderer Glaubensrichtungen oder von Zivilbeamt:innen trauen. Das Kirchenhandbuch enthält Satzungsbestimmungen zum Thema Heirat und Todesfall. Der Vorstand der Christlichen Wissenschaft hat viele Jahre lang davon abgeraten, Trauungen oder Beisetzungsfeiern in Zweigkirchen durchzuführen. Die 1976 herausgegebene Schrift „Christian Science and the Marriage Ceremony” [Die Christliche Wissenschaft und die Hochzeitszeremonie] gab dazu entsprechende Anleitungen. In jüngerer Vergangenheit hat Die Mutterkirche ihre Zweigkirchen ermuntert, demokratisch eigene Entscheidungen in Bezug auf Trauungen und Beisetzungsfeiern in ihren Gebäuden zu treffen.
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- Bei einer Beisetzungsfeier ist der Leichnam der bzw. des Verstorbenen mit im Raum und wird im Anschluss an die Feier beerdigt oder verbrannt. Bei einer Gedenkfeier ist der Leichnam weder im offenen noch im geschlossenen Sarg zugegen; die Zusammengekommenen gedenken der bzw. des Verstorbenen.
- Diese Präsidenten verstarben während ihrer Amtszeit; zwei von ihnen, McKinley und Kennedy, wurden ermordet. Siehe „Memorial Service Held in Mother Church“ [Gedenkfeier in Mutterkirche veranstaltet], The Christian Science Monitor, 26. November 1963, 3.
- „A Nation Unites“ [Eine Nation vereint sich], The Christian Science Monitor, 17. September 2001, 24.
- „Harding Service in Mother Church“ [Gedenkfeier für Harding in Mutterkirche], The Christian Science Monitor, 6. August 1923, 1.
- Mary Baker Eddy an Irving C. Tomlinson, 14. September 1901, L03762.
- „Christian Science and the Marriage Ceremony“, Christian Science Journal, Februar 1976, 112.
- Lois Marquardt, „Your Questions & Answers: Why don‘t Christian Scientists have wedding ceremonies in their churches?“ [Fragen und Antworten: Warum haben Christliche Wissenschaftler keine Trauungen in ihren Kirchen?], Journal, September 2011, 6.
- Samuel B. Stewart, Heiratsurkunde, 1. Januar 1877, Historische Akte, Eddy, Asa G. – Ehe.
- Siehe „Mary Baker Eddy“, Christian Science Sentinel, 10. Dezember 1910, 283; „Mary Baker Eddy“, Sentinel, 17. Dezember 1910, 303. Eine kurze Beschreibung der Feier, des Transports des Leichnams zum Grab und die spätere Beerdigung selbst befindet sich in Robert Peels Buch Mary Baker Eddy: The Years of Authority [Mary Baker Eddy: Die Jahre der Autorität] (Boston: Holt, Rinehart and Winston, 1977), 513–514, Notiz 116.