Frauen der Geschichte: Sibyl Wilbur
Wilbur wurde in Elmira, New York, geboren. Ihre beiden Eltern starben, als sie ein Kind war, und im Alter von 14 Jahren zog sie bereits nach Nebraska und verdiente ihren Lebensunterhalt durch Unterrichten in einer Prärie-Schule. Schließlich hatte sie genug Geld angespart, um eine private vorbereitende Schule in Minneapolis, im Bundesstaat Minnesota, zu besuchen, bevor sie sich an der Hamline Universität, einer methodistischen Hochschule in St. Paul, Minnesota, einschrieb. Im Alter von 21 Jahren begann sie ihre journalistische Karriere beim Minnesota Journal.2 In den folgenden zwei Jahrzehnten schrieb sie über Frauenrechte, Fragen zu Arbeitsbedingungen und Kultur und arbeitete für große Zeitungen in New York, Chicago, Washington, D.C., Minneapolis und Boston.3
Nachdem sie Anfang 1905 beim Boston Herald begonnen hatte, suchte Wilbur nach einem großen Projekt und begann sich für Eddy als Gründerin der Bewegung der Christlichen Wissenschaft zu interessieren. Wilburs Redakteur bezweifelte, dass sie in der Lage sein würde, an Eddy heranzukommen; diese hatte sich inzwischen nur noch selten auf Journalist:innen eingelassen. Aber Wilbur war unbeirrt.4 In jenem Februar traf sie sich mit Alfred Farlow in dessen Büro in Boston. Seine Arbeit als Leiter der Komitees für Veröffentlichungen für Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler (Die Mutterkirche) beinhaltete auch die Pflege und Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu Mitarbeiter:innen der Presse. Wilburs Ziel war es, einen Besuch bei Eddy in Pleasant View, ihrem Haus in Concord, New Hampshire, zu erreichen.5 Als sie die Anfrage erhielt, lehnte Eddy höflich ab und schickte Wilbur ein Exemplar ihres Buches Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift.6
Wilbur ließ sich nicht entmutigen. Im Mai reiste sie nach Concord, wo ihre Beharrlichkeit sich schließlich auszahlte und das gewünschte Interview in Pleasant View stattfand.7 In der Folge schrieb sie eine Serie von 13 Artikeln über Eddy, die im Zeitraum zwischen Dezember 1906 und Dezember 1907 im Human Life Magazin erschienen. Die Überschriften waren beispielsweise: „Has Christian Science Met Its Waterloo?” [Hat die Christliche Wissenschaft ihr Waterloo erlebt?], „Glimpses of a Great Personality” [Einblicke in eine große Persönlichkeit], „A Glance at the Great Personnel of the Christian Science Movement” [Ein Blick auf das großartige Personal der Bewegung der Christlichen Wissenschaft] und 10 Kapitel mit dem Titel: „The Story of the Real Mrs. Eddy” [Die Geschichte der wahren Mrs. Eddy].8 Zu der Zeit war Human Life in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Aber mit der Veröffentlichung von Wilburs Serie stieg die Auflage innerhalb von drei Monaten von 20.000 auf 100.000 Exemplare.9 Die Reihe dieses Magazins stand im krassen Gegensatz zu einer sensationslüsternen Serie von Georgine Milmine, die zur gleichen Zeit im McClure’s Magazine erschien.10
Wilburs berufliches Engagement führte auch dazu, dass sie begann, sich persönlich für die Christliche Wissenschaft zu interessieren. Im Juli 1906 schrieb sie an Eddy: „Ich lese jetzt Ihr Buch und studiere Ihre Wissenschaft des Lebens.“11 Im darauf folgenden Mai schrieb sie noch einmal: „Ich habe durch die Lektüre von ‚Wissenschaft und Gesundheit‘ eine große Erhebung erfahren.“12 In diesem Jahr nahm sie Elementarunterricht der Christlichen Wissenschaft bei Alfred Farlow.13
Noch hatte Wilbur nicht damit abgeschlossen, weiter über Eddy zu schreiben. Sie war bestrebt, ihre Zeitschriften-Serie zu überarbeiten und zu einer der ersten Biografien über Eddy zusammenzustellen, frei von dem sensationslüsternen Ansatz, den Zeitungen wie die New York World verfolgten, die eine Geschichte veröffentlicht hatte, in der behauptet wurde, Eddy sei geistig nicht zurechnungsfähig.14 Wilbur veröffentlichte The Life of Mary Baker Eddy [Das Leben der Mary Baker Eddy] im Jahr 1908. Nachdem sie sich zunächst gegen das Buch ausgesprochen hatte, gab Eddy eine unterstützende Erklärung ab: „Ich erkläre hiermit kurz, dass in meinem Leben nichts vorgekommen ist, was, wenn richtig dargestellt und verstanden, mir schaden könnte; und nicht wenig ist bereits über das Gute berichtet worden, das in diesem Leben vollbracht wurde, über die Selbstaufopferung usw., die all die Jahre meines Wirkens gekennzeichnet hat.“15 Sie schloss mit einem Dank an Wilbur. Obwohl The Life of Mary Baker Eddy [Das Leben der Mary Baker Eddy] im Laufe der Jahre von Forschungsteams oft als übertrieben lobpreisend kritisiert wurde, beruhte es auch auf sachlicher Berichterstattung und trug dazu bei, grundlegenden Fehlinformationen über Eddy und die Christliche Wissenschaft entgegenzuwirken, die zu dieser Zeit weit verbreitet waren.
Wilbur wurde nie Mitglied der Mutterkirche, und wir haben keinerlei Aufzeichnungen über ihr weiteres Interesse an der Christlichen Wissenschaft. Sie scheint eher in politischer Richtung aktiv geworden zu sein. Als Organisatorin der Partei für Frauenwahlrecht in New York City sprach sie sich öffentlich für das Stimmrecht für Frauen aus.16 Nachdem sie John Stone, ihren zweiten Mann, geheiratet hatte, zog sie im Jahr 1918 nach San Diego, Kalifornien.17 Nach ihrer Scheidung im Jahr 1930 lebte sie bis zu ihrem Lebensende als 75-Jährige in San Diego.18
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- Wilbur, „Cradled Obscurity” [Behütet im Verborgenen], o.D., Erinnerung, Sibyl Wilbur, 13.
- „The Career of Sibyl Wilbur” [Die Karriere von Sibyl Wilbur], Artikel, The Birmingham Ledger, 28. November 1908; Standort in der Mary Baker Eddy Sammlung: Subject File, Wilbur, Sibyl – Papers – Correspondence
- Winfield Scott Downs, Encyclopedia of Biography [Enzyklopädie der Biografie] (New York: The American Historical Society, 1936),177.
- Wilbur, „Cradled Obscurity”, o.D., Erinnerung, Sibyl Wilbur, 4-6.
- Ebd., 2-13.
- Eddy an Wilbur, 25. März 1905, L09004.
- Wilbur an Eddy, 14. Juni 1905, IC221.36.002.
- The Human Life Articles on Mary Baker Eddy by Sibyl Wilbur: 1906-1907 [Human Life Artikel über Mary Baker Eddy von Sibyl Wilbur: 1906–1907] (Chestnut Hill, Massachusetts: Longyear Museum Press, 2000), vii
- Wilbur, „Cradled Obscurity“, o.D., Erinnerung, Sibyl Wilbur, 17.
- Siehe Gillian Gill, Mary Baker Eddy (Reading, Massachusetts: Perseus Books, 1998), 563–571.
- Wilbur an Eddy, 6. Juli 1906, IC221.36.003.
- Wilbur an Eddy, 22. Mai 1907, 221.36.004.
- Wilbur, „Cradled Obscurity“, o.D., Erinnerung, Sibyl Wilbur, 17.
- Ebd., 16-17.
- Mary Baker Eddy, Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler und Verschiedenes, 298.
- „Sibyl Wilbur Stone”, The Christian Science Monitor, 23. Juli 1946; Subject File, Wilbur, Sibyl – Papers – Correspondence.
- Winfield Scott Downs, Encyclopedia of Biography (New York: The American Historical Society, 1936), 178.
- „Biographer of Mary Baker Eddy Passes on at 75“ [Biografin von Mary Baker Eddy verstirbt mit 75], Boston Herald, 23. Juli 1946; Subject File, Wilbur, Sibyl – Miscellaneous.